Ein Kind aus dem Katalog


Genomabgleich mit Computer

23andMe[1] ist ein amerikanisches Gentest-Unternehmen, das einen „Do it Yourself“ DNA-Spuck-Test für zu Hause anbietet und verspricht damit eine Genanalyse von über 240 Krankheiten bzw. Eigenschaften. 2008 hat 23andMe ein Patent auf eine computerunterstütze Methode zur Keimzellenspenderauswahl basierend auf genetischem Abgleich („Gamete donor selection based on genetic calculations“) angemeldet.

 

Mit der nunmehr patentierten[2] Methode können genetische Daten einer Person (Gametenempfänger) mit den genetischen Daten vieler anderer Personen (Gametenspender) auf Kompatibilität abgeglichen werden, um ein bestimmtes genetisch gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Einerseits sollen mit dieser Geschäftsidee Personen/Paare mit Kinderwunsch angesprochen werden, die an schweren, vererbbaren Krankheit leiden und dies für ihr zukünftiges Kind ausschließen möchten. Andererseits zielt diese Methode auch auf Paare ab, die bestimmte (körperliche) Merkmale auch an ihrem Kind sehen möchten. Letztere scheinen laut Patentantrag ebenso eine klare Zielgruppe für 23andMe zu sein: Der Wunsch nach einer bestimmten Augenfarbe, eine präferierte Muskelleistung („likely sprinter“, „likley endurance athlete“) oder den Ausschluss einer „alcohol flush reaction“ sind im Patentantrag explizit angeführte Beispiele.[2]

Designerbaby: Hoffnung und Sorge

Der Patentantrag wurde vom US Patentamt am 24. 9. 2013 genehmigt. Dass die wissenschaftliche Community nicht stärker auf das Thema eingegangen ist, überrascht – gibt es doch ausreichend Kritiker an der Idee einer genetischen Selektion bei Ungeborenen, sowohl aus eugenischen als auch krankheitspräventiven Gründen.[3]

 

In einer Stellungnahme von 23andMe von Anfang Oktober heißt es nun, dass das Patent, wie es vor 5 Jahren beantragt wurde, in diesem inhaltlich extensiven Umfang nicht genutzt werden sollte. Durch das Patent geschützt werden solle primär der „Family Traits Inheritance Calculator“ sein. Dieses Instrument wäre zwar ursprünglich auch für die Arbeit in Fruchtbarkeitskliniken angedacht gewesen, sei aber nicht der Fokus von 23andMe. Derzeit konzentriere man sich auf Endkonsumenten, also auf interessierte Paare, die sich in-formieren möchten, welche ihrer Eigenschaften der Nachwuchs erben könnte: Das neue Werkzeug würde, so 23andMe, Menschen eine erfreuliche Möglichkeit eröffnen, auch als Laien in die Genetik hinein zu schnuppern. Es passe gut in das Firmenziel, Menschen mit ihrer DNA vertraut und die wissenschaftliche Genetik besser verständlich zu machen – was manchmal recht kompliziert wäre.[4]

 

Wie auch immer man dazu steht, dass genetische Selektion bei Ungeborenen zur Krankheitsprävention oder aus nicht-krankheitspräventiven Gründen durchgeführt wird, zwei Dinge stehen fest: (1.) Das Patent von 23andMe wurde genehmigt, die patentierte Methode wurde nicht aus ethischer Sicht hinterfragt oder dahingehend kritisiert, ob die damit eingeschlagene Richtung überhaupt gewollt ist. (2.) 23andMe wird ihr Patent – auch im erweiterten Umfang – mittelfristig sicher wirtschaftlich erfolgreich nutzen können. Nämlich dann, wenn junge Paare mit Kinderwunsch den „Family Traits In-heritance Calculator – do it yourself“ nutzen und durch das kalkulierte Ergebnis verunsichert werden, weil dieses nicht so lautet, wie die Eltern in spe sich das vorgestellt haben. Diese Paare werden nach einer Optimierung dieses Ergebnisses suchen und damit einen Markt schaffen, der alsbald durch Fruchtbarkeitskliniken mithilfe des neuen Patents von 23andMe bedient werden kann.[5]

 

Referenzen

[1] 23andMe. http://www.23andme.com/

[2] Wojcicki A et al. Gamete donor selection based on genetic calculations. US Patent No. 8.543.339 B2, 24. 9. 2013.

[3] Sandel M, The Case against Perfection: Ethics in the Age of Genetic Engineering. Belknap Press of Harvard University Press: Cambridge, MA; 2007.

[4] ScottH. A 23andMe Patent. http://blog.23andme.com/news/a-23andme-patent/ (1. 10. 2013).

[5] Sterckx S et al. “I prefer a child with…”: designer babies, another controversial patent in the arena of direct-to-consumer genomics. Genet Med. DOI:10.1038/gim.2013.164 (3. 10. 2013).