Die Prognose über den weiteren Verlauf einer Krankheit hat für viele Menschen in der klinischen Entscheidungsfindung eine zentrale Bedeutung (vgl. auch Newsletter 2013/3:4). So zeigten Turnbull et al. kürzlich, dass Intensivmediziner eher über einen Therapierückzug sprachen, wenn sie eine Prognose über den funktionalen 3-Monats-Outcome eines Patienten abgeben mussten, als wenn sie vom Patienten selbst wussten, dass er eine Lebenserhaltung ohne realistische Chance auf funktionale Unabhängigkeit ablehnte.[1]
In einer rezenten Ausgabe der Z Palliativmed vermitteln Stiel und Radbruch praktische Hilfestellungen zur Prognoseerstellung bei schwer kranken Menschen.[2] Neben einschlägigen Scoring-Systemen (z.B. Palliative Prognostic Index, Palliative Prognostic Score) wird eine einfache, aber wirksame Einschätzung mittels „Überraschungsfrage“ empfohlen: Die Frage „Würde es mich überraschen, wenn der Patient im nächsten Jahr/in der nächsten Woche/in den nächsten Stunden verstirbt?“ liefere zumindest einen klaren Warnhinweis, bei welchen Patienten die Überlebenszeit vielleicht kürzer als gedacht ist.
Referenzen
[1] Turnbull AE et al. A scenario-based, randomized trial of patient values and functional prognosis on intensivist intent to discuss withdrawing life support. Crit Care Med. 2014;42(6):1455–61.
[2] Stiel S, Radbruch L. Prognosestellung bei schwer kranken Menschen: „Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen“ (Karl Valentin). Z Palliativmed. 2014;15(3):109–21.